Von den ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr bis zum goldenen Oktober zieht es viele Menschen raus auf den Balkon. Hier hat man sein eigenes Plätzchen unter freiem Himmel und kann das Leben genießen.
Gleichzeitig ist der Balkon aber auch immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Denn generell gilt zwar das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme. Was bedeutet das aber konkret?
Was muss ich von meinem Nachbarn erdulden? Was ist mir selbst erlaubt, selbst wenn sich der Nachbar daran stört? Dieser Artikel klärt 10 typische Balkon-Streitfälle auf:
1. Grillen
Wenn es der Mietvertrag oder die Hausordnung nicht untersagt, spricht erstmal nichts gegen das Grillen auf dem Balkon. Einschränkungen gibt es jedoch, wenn dichter Qualm in die Nachbarwohnung zieht. In Hamburg sind Holzkohlegrills auf Balkonen daher grundsätzlich verboten.
Gänzlich vermeiden lässt sich eine Rauchentwicklung allerdings selbst mit einem Elektrogrill nicht, weshalb es auch auf die Häufigkeit des Grillvergnügens ankommt. Und das muss der Nachbar gar nicht so oft hinnehmen, wie viele denken. Wobei es je nach Region teils deutliche Unterschiede gibt.
Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg urteilte etwa: 20-mal im Jahr für etwa 2 Stunden seien erlaubt – aber maximal bis 21 Uhr. Hingegen entschied das Landgericht Aachen: 2-mal im Monat zwischen 17 Uhr und 22:30 Uhr sind okay. Das Landgericht Stuttgart hält sogar nur 3 Grillabende im Jahr für hinnehmbar!
Man sollte sich also gut über die örtlichen Regelungen informieren, bevor man die Grillsaison startet.
2. Nackte Haut
Prinzipiell gehört der Balkon zum Wohnraum. Man darf ihn also genauso nutzen wie seine Zimmer. Trotzdem: Ist der Balkon gut einsehbar, sollte man sich nicht allzu blank darauf räkeln. Fühlt sich nämlich jemand durch den Anblick gestört, ist die Nacktheit eine Ordnungswidrigkeit. Das Bußgeld kann bis zu 1.000 Euro betragen.
Umgekehrt muss man es hinnehmen, wenn man beim Sonnenbad à la nature begafft wird. Wer seinen Körper zur Schau stellt, zieht eben Blicke auf sich, befinden die Richter. Lediglich das gezielte Ausspähen mit einem Fernglas oder einer Kamera geht zu weit.
3. Sex
Wer sich auf dem Balkon dem Liebesspiel hingibt, muss mit einer Abmahnung rechnen – sogar, wenn ein Sichtschutz besteht. Fühlt sich die Nachbarschaft nämlich durch das laute Stöhnen und die animierenden Zurufe des Paars belästigt, handelt es sich beim Sex auf dem Balkon nicht mehr um eine „sozialadäquate Wohnraumnutzung“.
Merke: Lauter Sex sollte innerhalb der eigenen vier Wände und bei geschlossenen Fenstern stattfinden.
4. Sichtschutz
Apropos Sichtschutz: Dieser muss zur Erscheinung des Hauses passen, entschied das Amtsgericht Neubrandenburg. Zudem darf die Höhe der Balkonbrüstung nicht überschritten werden. Ein unauffälliger Sichtschutz und Sonnenschirme müssen hingegen vom Vermieter hingenommen werden.
Anders sieht es mit Markisen aus. Diese gelten als baulicher Eingriff und benötigen die Zustimmung des Vermieters bzw. der Eigentümerversammlung.
5. Vögel füttern
Der Nachbar füttert sämtliche Piepmätze aus der Umgebung, weshalb die Fassade und der untere Balkon voller Vogeldreck sind? Tierliebe hat ihre Grenzen.
Zwar ist das Auslegen von Vogelfutter im Grunde gestattet. Werden allerdings die Nachbarn oder das Gebäude in Mitleidenschaft gezogen, ist Schluss. Vor allem Futterstationen, die über die Balkonbrüstung hinausragen, sind verboten.
Außerdem dürfen keine Großvögel wie Tauben oder Krähen von dem Futter angezogen werden, was in Großstädten kaum zu vermeiden ist.
6. Blumenkästen
Der Mietvertrag verbietet das Anbringen von Blumenkästen? Diese Klausel ist unwirksam. Die Gerichte sind sich allesamt einig, dass Balkone und Blumen zusammengehören.
Was der Vermieter indessen verlangen kann, ist, dass die Blumenkästen auf der Innenseite des Balkons angebracht werden. Darüber hinaus darf von den Blumenkübeln – etwa bei einem Sturm – keine Gefahr ausgehen.
7. Blumen gießen
Man macht sich keine Vorstellung davon, wie oft sich Richter mit dem Problem auseinandersetzen müssen, dass Gießwasser vom Balkon heruntertropft. Auch hier wurde das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme mehrfach konkretisiert.
Zunächst gilt nicht nur das Anbringen von Blumenkästen am Balkon als normal. Auch dass es beim Gießen tropft, ist hinzunehmen. Der Nachbar kann sich selbst dann nicht beschweren, wenn seine trocknende Wäsche dabei nass wird – das würde sie bei einem unerwarteten Regenschauer auch.
Aber: Wer sich vor dem Gießen nicht vergewissert, ob nicht unter ihm gerade eine Kaffeetafel gedeckt ist oder ob es sich der Nachbar nicht mit seiner Zeitung gemütlich gemacht hat, der handelt fahrlässig und muss mit einem Bußgeld rechnen.
8. Wäsche trocknen
In früheren Zeiten galt es als anstößig, seine Unterwäsche weithin sichtbar auf die Leine zu hängen. Wer heute noch darüber die Nase rümpft, sollte einfach weggucken – selbst wenn im Mietshaus eigens ein separater Trockenraum zur Verfügung steht.
9. Satellitenschüssel
Parabolantennen muss der Vermieter nicht dulden. Vor einigen Jahren zog zwar noch das Argument, dass man auf die Schüssel auf dem Balkon angewiesen sei, um seinen Heimatsender zu empfangen. Im Zeitalter des Internets gilt das jedoch nicht mehr.
Vor dem Anbringen einer Satellitenschüssel also immer die Zustimmung des Vermieters einholen – oder sie mit einem Ständer auf den Boden stellen.
10. Rauchen
Rauchen auf dem Balkon ist das Reizthema schlechthin. Denn hier geraten zwei Grundrechte aneinander: Auf der einen Seite steht das im Grundgesetz verankerte Recht auf freie Lebensführung. Auf der anderen Seite steht das Recht auf Gesundheit und die belästigungsfreie Nutzung der eigenen Mieträume.
Daher kamen die Gerichte in der Vergangenheit oft zu ganz unterschiedlichen Einschätzungen. Aber es gibt in jüngerer Zeit eine deutliche Entwicklung in eine bestimmte Richtung.
Früher entschieden die Richter meist zugunsten der Raucher. Und zwar egal, wie viel geraucht wurde.
Anfang 2015 kam es jedoch zu einer Grundsatzentscheidung durch den Bundesgerichtshof: Raucher haben auf ihre Nachbarn Rücksicht zu nehmen. Sie müssen nicht nur ihre eigene Wohnung regelmäßig lüften und den Aschenbecher auf dem Balkon leeren, sie können auch dazu verpflichtet werden, nur zu bestimmten Zeiten auf dem Balkon zu rauchen. Welche Zeiten das sind, muss allerdings von Fall zu Fall geklärt werden.
Am Ende kommt es immer auf den Einzelfall an. Daher ist es besser, wenn man mit seinen Nachbarn offen redet und gemeinsam zu Kompromissen findet, anstatt gleich den Rechtsweg einzuschlagen.
Neben Belästigungen auf dem Balkon kommt es übrigens auch wegen Ruhestörungen immer wieder zu Nachbarschaftsstreitigkeiten. Welche 4 Geräusche du sonntags unbedingt unterlassen solltest, erklärt dir dieser Beitrag.
In den folgenden Artikel findest du weitere nützliche Informationen rund ums Mietrecht und nervige Nachbarn:
- Heimwerken in Mietwohnung: Was darf der Vermieter verbieten?
- Nervige Nachbarn: 10 legale, aber lästige Verhaltensweisen
- 10 Dinge, die unerwarteterweise im Garten verboten oder erlaubt sind
- Mietrecht: unwirksame Klauseln im Mietvertrag und Gründe für Mietminderung
Quelle: mopo, anwaltauskunft, deutschesmietrecht, anwalt, allianz
Vorschaubilder: ©Flickr/littledropofpoison ©Flickr/joeycrabb