In der traditionellen chinesischen Medizin gibt es schon lange Kapseln aus gemahlener Plazenta. Die Idee, dass man nach der Geburt die Plazenta essen könnte, ist also gar nicht so neu. Aber erst in den letzten 10 bis 20 Jahren ist in westlichen Ländern, allen voran den USA, ein regelrechter Hype um Plazenta-Globuli und Plazenta-Rezepte entstanden.
Mittlerweile lassen auch hierzulande nicht nur Promi-Frauen ihre Plazenta zu sogenannten „Plazenta-Nosoden“ (Globuli oder Salben aus der Plazenta) verarbeiten oder bereiten sie nach einem Plazenta-Rezept zu. Ein Argument der Befürworter ist, dass alle anderen Säugetiere auch ihre Plazenta äßen. Außerdem schreiben sie dem Mutterkuchen eine besondere Kraft zu, die auch nach der Geburt für die Gesundheit von Mutter und Kind wichtig sei.
Wie wird Plazenta zubereitet?
Besonders hartgesottene Frauen, die ihre Plazenta essen wollen, bereiten diese nach einem Plazenta-Rezept (z.B. Plazenta-Smoothie, gebratene Plazenta mit Gemüse oder Plazenta-Lasagne) zu. Andere, die die Plazenta nicht direkt verzehren wollen, können sich noch in der Schwangerschaft von bestimmten Apotheken ein Bestellset für Plazenta-Nosoden schicken lassen. Direkt nach der Geburt müssen sie dann ein Stück der Plazenta entnehmen und einschicken, sodass die Apotheker daraus Globuli oder Salben herstellen können.
Was soll das Plazenta-Essen bringen?
Hinter dem Verzehr der Plazenta steht der Wunsch oder Glaube der Mütter, dass sie auf diesem Weg wichtige Nährstoffe (z.B. Eisen) aus der Plazenta aufnehmen könnten, die sie nach der kräftezehrenden Geburt stärken würden. Von den Plazenta-Kapseln verspricht man sich noch weitreichendere Auswirkungen, da sie nicht nur einmalig, sondern über Jahre genutzt werden können. Sie sollen ebenfalls fitter machen, Schlafmangel entgegenwirken, die Milchbildung unterstützen, gegen Wochenbettdepressionen helfen, den Hormonhaushalt stabilisieren und die Rückbildung unterstützen. Nach dem Wochenbett und der Stillzeit soll man sie weiter gegen Schmerzen, Schnupfen und kleinere Wehwehchen nutzen können.
Was sind die tatsächlichen Auswirkungen?
Welchen Nutzen es hat, seine Plazenta zu essen, ist wissenschaftlich umstritten. Ein Problem ist, dass es kaum bzw. nur sehr kleine Studien zu dem Thema gibt. Bei einer dieser kleinen Studien hat sich gezeigt, dass zwischen der Gruppe, die Plazenta-Globuli bekommen, und der Kontrollgruppe, die nur ein Placebo (Scheinmedikament) erhalten hatte, keine Unterschiede in Bezug auf das Wohlbefinden oder die Leistungsfähigkeit feststellbar waren, einzig bei den depressiven Symptomen schnitten die Globuli etwas besser ab.
Man könnte jetzt denken, dass doch nichts dagegen spräche, seine Plazenta zu essen, selbst wenn man sich nur subjektiv besser fühlt und die Wirkung nicht wirklich nachweisbar ist. Diese Sicht scheint auch durch die vielen Empfehlungen und positiven Erfahrungsberichte von Müttern, die man im Internet finden kann, gestützt zu werden. Die Sache hat jedoch einen Haken, wie du gleich sehen wirst.
Warum ist es gefährlich, die Plazenta zu essen?
Die Nährstoffkonzentration in der Plazenta ist relativ gering. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass die positiven Auswirkungen, von denen Mütter berichten, zu einem guten Teil auf Wunschdenken zurückzuführen sind – schließlich muss man schon sehr aufgeschlossen sein, um überhaupt auf die Idee zu kommen, seine Plazenta zu essen.
Gegen einen Verzehr spricht ganz klar, dass die Plazenta nicht nur der Versorgung, sondern auch dem Schutz des Neugeborenen dient. In ihr lagern sich während der Schwangerschaft sowohl Schwermetalle als auch Krankheitserreger ab. Es gibt zwar keinen Nachweis darüber, dass Mütter durch das Essen der Plazenta einen gesundheitlichen Schaden davongetragen haben (was auch an fehlenden Studien liegt). Aber es gab den Fall, dass ein Neugeborenes über die Muttermilch mit B-Streptokokken infiziert wurde, die in den Plazenta-Kapseln der Mutter enthalten waren. Da bei Neugeborenen das Immunsystem noch nicht richtig ausgebildet ist, kann es deshalb wirklich problematisch sein, wenn es über die Muttermilch mit diesen Stoffen aus den Globuli in Berührung kommt.
Fazit
Nicht alles, was „natürlich“ ist, ist auch gesund. Wenn andere Säugetiere den Instinkt haben, ihre Plazenta zu essen, dient das vermutlich weniger dem Auffüllen ihrer Energiespeicher als einer anderen Art von Schutz, weil sie so verhindern, dass durch den Blutgeruch Feinde angelockt werden.
Statt sie zu essen, kann man seine Plazenta aber anderweitig würdigen, indem man sie vergräbt und einen Lebensbaum darauf pflanzt oder ein Plazenta-Kunstwerk erschafft. Wenn man trotz der Risiken unbedingt Plazenta-Globuli ausprobieren möchte, sollte man diese erst nach der Stillzeit einnehmen, um sein Baby nicht zu gefährden.
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Quellen: eltern, focus
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